Montag, 27. Juli 2015

Kritze kratze, vierte Katze...

Jaaa...

Was bewegt einen dazu, nach drei Katzen, die alle ein mehr oder weniger kleines Handicap haben, nun auch noch eine vierte Katze aufzunehmen?

Mit Vernunft ist das ja nicht wirklich zu erklären, aber Tierhaltung allgemein hat ja nichts mit Vernunft zu tun, sondern ist im Grunde genommen irrational. Das stört mich jedoch nicht, ich bin eben ein Tier- und Tierschutzfreak und mein Beuteschema sind nun mal die "armen Würstchen", die keiner haben will:

Coco ist alt und taub und hat mittlerweile keine Zähne mehr. Aber sie ist die süßeste Prinzessin der Welt und lässt fast alles mit sich machen.

Bonny ist alt, hat eine Schilddrüsenüberfunktion und chronische Niereninsuffizienz. Aber sie ist die tollste hundeartige Katze und mein kleines "Baby".

Elli ist alt und hat ebenfalls eine Schilddrüsenüberfunktion. Aber sie ist die weicheste Schmuserin und hat ein niedliches Mäuschen-Gesicht.


Also warum noch eine arme Socke dazu holen?

Wie gesagt, vernünftige Gründe sind dafür nur schwer zu finden und eigentlich hatte ich schon bei Elli mit mir gerungen, ob ein dritter Schmusetiger nicht zuviel sei. Aber nach einiger Zeit hat sich alles gut eingependelt, nachdem wir anfangs mit Fremdpinkelei auf der Couch zu kämpfen hatten und wir waren ein eingespieltes Team. Naja, eigentlich nicht ganz, denn obwohl sich die Katzen so geben, als wenn sie die anderen Katzen nicht brauchen würden, waren sich Coco und Bonny doch näher und Elli häufig etwas außen vor. Und bei Bonny hatte ich immer den Eindruck, dass sie am liebsten einen befellten Schmusepartner zusätzlich zu den menschlichen hätte, denn sie versuchte sich immer wieder Coco anzunähern und schleckte sie manchmal sogar ab. An guten Tagen lässt Coco sich das auch gefallen, an weniger guten rennt sie empört davon.
Ja und außerdem ist eine gerade Anzahl Katzen meist harmonischer... ;-)

Man kann es sich also auch schönreden, jedenfalls bin ich beim Surfen durch die unendlichen www-Weiten auf einen Siamkater gestoßen, der in mein Beuteschema "armes Würstchen" sehr gut hinein passte und in den ich mich ein bisschen verguckte. Ich wollte "schon immer" eine Siamkatze haben, da sie in der Regel ganz tolle, schmusige, anhängliche Katzen sind. Also so, wie die anderen drei Katzen auch, nur mit einer besonderen Fellzeichnung ;-)

Nachdem ich erfolgreich Überzeugungsarbeit bei meiner besseren Hälfte geleistet hatte, stellte ich eine Anfrage für ihn und meldete mich auch in dem Forum der Tierschutzorganisation an.

Und dann kam alles anders.

Die besagte Tierschutzorganisation (Tierhilfe Miezekatze) suchte Helfer beim Aufbau von neuen Kratzbäumen und wie im vorherigen Beitrag beschrieben nahmen mein Freund und ich daran teil.

Bevor wir am eigentlichen Ort des Geschehens (hinteres Katzenzimmer) zur Tat schreiten konnten, mussten wir erstmal die Katzen im Zimmer davor mit Streicheleinheiten verwöhnen, mit Leckerchen ködern oder mit Spielzeug bespaßen.

Als ich mich gerade mit Jessi, die regelmäßig im Katzenhaus hilft und uns anweisen sollte, unterhielt, tippte Martin mich an und wollte mir unbedingt was zeigen. Als ich mich umdrehte, hatte er ein entzücktes Grinsen auf dem Gesicht, zeigte auf eine graue Katze auf dem Boden und sagte ganz aufgeregt und mit zuckersüßer Stimme: „Guck‘ mal Schatzi: ein Bärchen!!!“

Zunächst meinte ich „Ja, ganz nett...“, es war eine British Kurzhaar Katze, was nicht unbedingt meinen Geschmack trifft mit den etwas zerknautschten Gesichtern, aber jede Katze ist ja auf ihre Weise schön.
Außerdem hatte ich ja den Siamkater in meinen Gedanken, die Anfrage war soweit gut verlaufen, es fehlte noch die Vorkontrolle bei uns Zuhause und die Rückmeldung, ob der Kater ausreisebereit ist, denn er war in Spanien auf einer Finca untergebracht.

Also bin ich schon mit dem Gedanken, dass keine andere Katze meinen Traum, dem armen Siamkater sein neues und endgültiges Zuhause zu bieten, platzen lassen könnte, in das Katzenhaus gegangen.
Denn vier Katzen sollten nun wirklich das Limit sein.
Aber meistens läuft es ja anders als man denkt... ;-)

Im Verlaufe des Aufbau-Tages kamen wir immer wieder an dem kleinen grauen Wesen vorbei und sie genoss es sichtlich, gestreichelt zu werden. Sie schmiss sich sogar auf den Rücken und schnurrte dabei so ausgedehnt, dass man quasi ein schlechtes Gewissen hatte, wenn man wieder zurück zur "Arbeit" ging.

Jessie war darüber sehr erstaunt, denn Rolanda, wie sie dort hieß, war sonst doch ein sehr in sich gekehrtes Wesen und lebte in ihrer eigenen Welt. Aber nun blühte sie förmlich auf und sog alles an Streicheleinheiten und Zuwendung in sich ein.

Ich probierte dann auch mal vorsichtig, sie hoch zu heben (ein kleiner Test von mir, ob man sie gut "händeln" kann), aber auch das gefiel ihr, wie ein Baby herum getragen und gestreichelt zu werden. Sie genoss es einfach, dass wir uns mit ihr beschäftigten und das war laut Jessi eine Seltenheit.

Hm... Das kann doch kein Zufall sein...?
Das erste Mal im Arm... *schnurr*

scheeler Blick und raushängende Zunge... unwiderstehlich süß ;-)
Langsam schlich sich Fiona also in unser Herz und der Gedanke kam auf, den freien Platz bei uns an Rolanda/Fiona statt an den Siamkater zu vergeben.

Noch ein paar Wochen haderte ich etwas mit mir selbst, aber dazu kam, dass keinerlei Info zu den deutschen Tierschützern kam, ob der Siamkater vermittelt werden kann und die Vermittlerinnen lenkten uns ein bisschen in Richtung graues Wesen.
Schließlich entschieden wir uns für Fiona, denn sie war schließlich auch eine arme, süße Wurst ;-)

So kam dann der Tag, an dem ein Forumstreffen mit anderen Katzenverrückten nahe des Katzenhauses statt fand (bei dem ich den ersten Schwung Schlüsselkatzen los geworden bin) und damit verband ich auch gleich die Abholung von Fiona.

Gleich Vorort zeigte Fiona auch all den anderen Katzenfans, die sich mit ins Katzenhaus trauten (ohne schwach werden zu müssen ;-) ), wie sehr sie unbedingt mit wollte und packte in puncto Überzeugungsschmusen noch ein paar Schippen drauf, so sehr schmiss sie sich an mich heran... :-D

Zuhause hatte sie auch keinerlei Berührungsängste und wenn eine der anderen Katzen sie anfauchte, schaute sie nur scheinbar verwundert mit schiefem Blick und Zunge raus zurück... Also eine echt coole Socke noch dazu. Ab und an hat sie jedoch etwas Angst vorm Menschen und faucht dann, z.B. wenn man eine Wespe oder Fliege heraus scheucht und sie sich angesprochen fühlt...

Aber sie ist wirklich verdammt cool, lässt sich von den anderen Katzen nicht beeindrucken, wenn die sie mal anfauchen, schaut sie sie nur blöd an. Dabei hängt ihre Zunge sehr oft raus, es sieht dann echt zum schreien komisch aus :-D Wenn sie "brüllt", macht sie ein Geräusch, als wenn ein Löwe Helium inhaliert hätte und sie nimmt die lustigsten Positionen ein:


Abhängen über der Couch...


...relaxen im Schuhregal...


...verschnaufen im Flur...

...und alles mit einem gekonnt gelangweilten Gesichtsausdruck...


"brüllen" wie ein Mickey-Mouse-Löwe

...entspannen bei "Mami"

Wir haben Rolanda übrigens in Fiona umgetauft, da es sich zufällig ergeben hat, dass wir vom Alphabet (mit Ausnahme von "A") schon jeden Buchstaben von B bis E haben/hatten: Bonny, Coco, der verstorbene Diesel und Elli. Nun sollte also was mit "F" her und bei dem kleinen grauen Monster passt doch der Name der Ogerprinzessin aus "Shrek" ganz gut... ;-)

Nach nun fast drei Monaten Zusammenwohnen haben sich leider schon ein paar Baustellen bei Fiona herauskristallisiert, die sie nun doch zu einem vollwertigen Mitglied der Gruppe "Beuteschema" machen ;-)
Da sie entzündete Zähne hatte, mussten ihr vier Beißerchen gezogen werden, sie hatte angeschwollene Lymphknoten, ohne, dass die Ursache gefunden werden konnte (die Schwellung ist mittlerweile ziemlich zurück gegangen), sie hat in der Genital- und Analregion warzenartige Papillome, die aber nicht schlimm sind (höchstens für die Optik ;-) ). Außerdem hat sie eine Getreide-Allergie und hatte Ausschlag und wundgekratzte Stellen an Kinn und Ohren (da sie aus Versehen getreidehaltiges Futter vor der Vermittlung bekommen hatte), dann hat sich eine wundgekratzte Stelle am Kinn entzündet und der Abszess musste in einer OP gespalten werden. Noch dazu hat sie sich den Bauch wundgeleckt, dann hat sie hin und wieder außerhalb des Katzenklos gepullert und Tabletten, die zur Linderung des Juckreizes an Kinn, Ohren und Bauch gedacht waren nicht nehmen wollen und uns beim Tablettengeben aus Protest angepinkelt...
Zuletzt hat sich noch herausgestellt, dass sie einen Harnwegsinfekt hat und ich hoffe, dass sich dies noch nicht auf die Nieren ausgewirkt hat (wird diese Woche noch untersucht).

Also wir haben schon wirklich eine mittelschwere Odyssee hinter uns und die ein oder andere Sorgenfalte mehr auf der Stirn (und einige Euros weniger auf dem Konto), aber ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind, Fionas Baustellen zu dezimieren, sodass es Fiona wieder gut geht und unsere Sorgenfalten wieder kleiner werden :-)
Auch wenn die vergangene Zeit nicht immer leicht mit der grauen Fellwurst war, haben wir sie doch sehr in unser Herz geschlossen und freuen uns, wenn sie wieder mal was Lustiges macht oder einfach nur genießerisch schnurrt.

Also: Willkommen in unserem Zoo, Fiona ;-)

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