Sonntag, 5. Juli 2015

Wie ein Tod ein Leben retten kann...

Tierschutz ist nicht immer einfach, ist mit vielen persönlichen Erfahrungen und Emotionen verbunden und erlebt jeder anders.
Für mich bedeutet Tierschutz auch, über meinen eigenen Schatten zu springen, meine Emotionen auch mal zurück zu nehmen und den Sachverstand einzusetzen.
Es ist ein schwieriges Thema, trotzdem möchte ich es hier anschneiden.

Vor neun Tagen ist eins meiner Meerschweinchen, trotz bester Pflege durch meinen Freund, über die Regenbogenbrücke gegangen. Sie hieß Leli, hatte in der letzten Zeit etwas gekränkelt und Gewicht verloren, und trotz Zufüttern mit einem Heubrei wollte sie nicht wieder so recht auf die Beine kommen. Natürlich hätte ich meinen Freund (ich war in der Woche geschäftlich in Ägypten, mehr dazu in einem der nächsten Posts) zum Tierarzt schicken können, aber ich habe mich dazu entschieden, ihr den Stress nicht mehr anzutun, da sie schon ein gesegnetes Alter von fast sieben Jahren erreicht hatte. Durch meine langjährige aktive Mitarbeit in einem Meerschweinchenschutzverein und Pflegestellentätigkeit mit zahlreichen betreuten Patienten habe ich einiges an Erfahrung gesammelt und kann mit vielen Tierärzten auf dem Gebiet Meerschweinchen mithalten (allerdings fehlen mir die Laborgeräte...). Da ich bei Leli äußerlich und durch Abtasten nichts Auffälliges habe feststellen können, bewertete ich die Situation so, dass eins der Organe betroffen ist und ihr Ende nah war. Da solche Untersuchungen mit viel Stress und teilweise Schmerzen verbunden gewesen wären und der Behandlungserfolg vermutlich gering ausgefallen wäre, entschloss ich mich dazu, dass wir ihren letzten Weg mit Schmerzmitteln und Zusatzfutter und viel Liebe noch so angenehm wie möglich gestaltenen und auf weitere Untersuchungen verzichteten.
Zwei Tage vor meiner Rückkehr, fand mein Freund Leli dann nicht mehr in ihrem Häuschen, sondern eingeschlafen mitten im Gehege vor. Mein Freund nahm dann liebevoll Abschied von ihr, streichelte sie nochmal, befreite sie vom Einstreu und steckte sie in einen Gefrierbeutel und dann ins Gefrierfach.

"WAS?!?", wird sich an dieser Stelle vielleicht der ein oder andere denken, aber genau das ist die Vorgehensweise, mit der ich meine toten Meerschweinchen behandle und die wir auch bereits vor einiger Zeit so besprochen hatten. Das hat nichts mit Kaltherzigkeit o.ä. zu tun, denn ich liebe alle meine Tiere, sondern damit, dass der natürliche Tod eines Tieres den unnatürlichen Tod eines anderen verhindern kann.

In diesem Fall dadurch, dass ich meine verstorbenen Meerschweinchen einem Freund von mir gebe, der eine große Schlange, eine Boa Constrictor, hält. Man mag von der Schlangenhaltung an sich halten, was man will (ich habe ja auch eine Schlange), aber sie ist nun mal da und hat Hunger, wie jedes andere Tier auch. Glücklicherweise ist "Goliath", wie die Schlange heißt, nicht so wählerisch und frisst tote Tiere, die durch ein Wasserbad auf Körpertemperatur gebracht wurden. Auf diese Weise sind schon einige meiner Meerschweinchen, die das Zeitliche gesegnet haben, als Sattmacher in Goliaths Magen gelandet und ich finde diese Lösung gut. Die Alternative zu einem toten Meerschweinchen von mir heißt nämlich, ein Futtertier (Meerschweinchen oder kleines Kaninchen) im Handel zu kaufen und die Futtertierindustrie sollte man meiner Meinung nach möglichst nicht unterstützen (obwohl ich zugeben muss, dass ich das Futter für meine Medusa bereits eingefroren aus dem Zooladen hole, ich sollte mir also auch besser eine Alternative suchen).

Ich bin der Meinung, dass es dem toten Meerschweinchen nicht weh tut und für das Leben nach dem Tod, wenn es eins gibt, den Körper nicht mehr benötigt. Also gebe ich den Tierkörper lieber meinem Kumpel, der dafür kein anderes Tier kaufen muss. Voraussetzung dafür ist aber natürlich, dass das Meerschweinchen vor seinem Tod keine Substanzen zu sich genommen hat, die der Gesundheit der Schlange schaden können, z.B. Antibiotika.
Ein weiterer "Vorteil" dieser Vorgehensweise für mich ist, dass ich im Falle eines verstorbenen Meeris nicht das Problem der Entsorgung des Tierkörpers habe. Denn ich habe keinen Garten, wo ich das Tierchen beerdigen könnte; zum Tierarzt bringe ich es nur, wenn es als Schlangenfutter nicht verwendbar ist, zudem kostet es dann noch eine Gebühr und den Tierkörper einfach in die Mülltonne zu werfen, ist mir persönlich zu respektlos dem geliebten Haustier gegenüber.

Zum Abschluss möchte ich noch ein paar Worte über meine geliebte Leli los werden.
Sie war ein richtig tolles Schwein und bei allen Besuchern beliebt, da sie sich im Gehege streicheln ließ und dabei sitzen blieb. Wenn es ihr wirklich reichte, ist sie weg gegangen, aber ich hatte stets den Eindruck, dass sie die Streicheleinheiten sogar genoss, im Gegenteil zu allen anderen Meeris.
Dabei war sie eigentlich "nur" ein Mitleidskauf, den ich meinem Ex zu verdanken hatte (das würde mir heute wohl nicht mehr passieren, da ich nur noch Tiere von Tierschutzvereinen, Tierheimen oder Privatpersonen aufnehme).

Leli saß damals in einem Gartenfachgeschäft zusammen mit zwei anderen Meeri-Weibchen in einem kleinen Gehege. Eins davon war Lola, ein weißes Meeri mit roten Augen, sicherlich nicht sonderlich hübsch in den Augen der Meisten, aber ich fand sie toll. Ich entdeckte Lola beim Heu-Kauf und ich besuchte sie noch ein paar Male dort, bis ich entschloss, dass ich sie kaufen werde. Eine damalige Freundin hatte sich bei einem der Lola-Besuche in eine dreifarbige Rosette, die bei Leli und Lola saß, verguckt und wollte sie als Gesellschaft für ihren einsamen Meeri-Bock haben. So fuhren wir zu dritt zum Geschäft, die damalige Freundin, mein Ex und ich. Nachdem die Verkäuferin die zwei gewünschten Tiere in die Transportschachtel setzte, fragte mein Ex, ob denn nun das dritte Weibchen ganz allein dort bleiben müsse. Die Verkäuferin bejahte dies, da es derzeit keine weiteren Meeri-Weibchen gab. Das wollte mein Ex dann aber nicht übers Herz bringen und so durfte Leli mit.

Wie sich herausstellte, war das die beste Entscheidung in der Situation, denn Leli wurde mein Lieblingsschwein, denn sie hatte keine Angst vor dem Menschen und war schon von Anfang an zutraulich, nahm Futter aus der Hand, ließ sich anfassen, einfach eine Seltenheit bei Meeris. In der Gruppe mit anderen Meeris hatte sie keinerlei Probleme und machte den anderen auch nie welche, sehr sozial und verträglich eben. Ein Traum von Schwein. Noch dazu war sie hübsch ;-)

Aber leider kommt irgendwann das Ende, so sehr ich mir auch gewünscht habe, dass sie ewig lebt, oder zumindest noch ein bisschen länger. Mein Trost ist, dass sie bei mir ein recht artgerechtes Leben genießen durfte mit Artgenossen und artgerechtem Futter und bis zuletzt eine liebevolle Betreuung hatte.

Mach's gut Leli, du warst ein tolles Schwein!
Wir werden dich vermissen...

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